Oktober 2022

Euborea

Und weiter geht es mit den Neuheiten, die wir auf der SPIEL `22 in Essen entdeckt haben. Heute wollen wir uns Euborea, den Erstling von Martin Baer, einmal genauer anschauen, den dieser nach erfolgreicher Kickstarter-Kampagne im Selbstverlag zusammen mit Hannah Böving, die das gesamte Artwork entworfen hat, herausgebracht hat. Geliefert wird Euborea in einer quadratischen Standardbox, in der wir das recht umfangreiche, zweisprachige Spielmaterial in Form von 23 Sechseckplättchen, der Ruhmesstraße, 63 Markern, 340 Karten, 5 Figuren, 10 Steinen, 60 Klötzchen, weiteren 89 Karten für das Vollspiel, sowie die Regelhefte in deutscher und englischer Sprache finden.

In grauer Vorzeit riefen die Götter von Zeit zu Zeit ihre Favoriten unter den Menschen in ein Dorf auf der Insel Euborea zu einem Fest, wo man ihnen den Trank des Vergessens einschenkte. Am nächsten Morgen erwachten die Favoriten mit dem Gefühl, wichtige Aufgaben lösen zu müssen…

Zur Vorbereitung einer Partie Euborea wird zunächst das Spielfeld aus den Sechseckplättchen gemäß Anleitung aufgebaut. Im Lernspiel werden dann die Begegnungs-, Kampf- und Fertigkeitskarten, wie auch die Beutemarker ebenfalls bereitgelegt, im Grund- und Vollspiel kommen noch weitere Karten und die Ruhmesstraße zusätzlich auf den Tisch. Die Spieler erhalten anschließend das Spielmaterial ihrer Farbe und platzieren ihre Heroenfiguren auf dem Dorfplättchen in der Mitte des Spielfeldes. Nachdem ein Startspieler gewählt wurde, wählen die Spieler beginnend mit dem letzten Spieler gegen den Uhrzeigersinn aus einer Auswahl offen ausliegender Fertigkeitskarten der Stufe A so lange reihum immer eine aus, bis jeder Spieler 2 Fertigkeiten hat. Die gewählten Fertigkeitskarten geben vor, welche Kampfkarten die Spieler zu Beginn von den 6 offenen Kampfkartenstapeln erhalten. Diese mischen die Spieler und legen sie als verdeckten Nachziehstapel vor sich ab, von dem sie 3 Karten auf die Hand ziehen. Nun kann die Partie starten. In seinem Zug führt der aktive Spieler nacheinander 3 Schritte durch. Der erste ist die Bewegung, in der er sich maximal so viele Felder vorwärtsbewegen kann, wie seine aktuelle Bewegungsweite ist. Kommt er auf ein verdecktes Sechseckplättchen, muss er dieses mit einer Bewegung aufdecken und kann es dann beliebig drehen. Sein Zug endet auf dem Plättchen. Nicht genutzte Bewegung kann der Spieler in Schritt 2, der Erholung, verwenden, um ausgespielte Kampfkarten wieder in seinen Nachziehstapel zu mischen. Verzichtet der Spieler komplett auf die Bewegung, erhält er alle Kampfkarten von seinem Abwurfstapel zurück. Schritt 3 ist die Aktion, bei der eine Begegnungskarte für das Gelände, auf dem die Heroenfigur steht, aufgedeckt wird und der Spieler gegen ein Monster kämpfen muss. Hierzu setzt er eine seiner Fertigkeitskarten in Kombination mit seinen Kampfkarten ein. Ist der so erzielte Wert höher, gewinnt er den Kampf und erhält hierfür die entsprechende Beute, sofern er noch mindestens eine Kampfkarte auf der Hand hat. Bei Gleichstand muss er die genutzten Handkarten ablegen, bei einer Niederlage alle Handkarten. Beendet der Spieler seinen Zug auf dem Dorf oder dem Heiligtum kann er nun seine Beute nutzen, um neue Fertigkeitskarten aus der offenen Auslage zu kaufen. Am Ende zieht er wieder auf 3 Handkarten vom Nachziehstapel seiner Kampfkarten auf und der nächste Spieler ist am Zug. Im Lernspiel gewinnt, wer als Erster 7 Fertigkeitskarten erworben hat, im Grund- und Vollspiel, wer als Erster 5 göttliche Aufgaben erfüllt oder die 9. Fertigkeitskarte „Hekatombe“ erworben hat.

Euborea ist ein mit viel Liebe zum Detail gemachtes Abenteuerspiel. Um in das Spiel hineinzukommen, empfiehlt es sich auf jeden Fall, zunächst das Lernspiel mehrmals zu spielen und dann über das Grundspiel zum Vollspiel zu wechseln, denn die Regeln erweitern sich jedes Mal um weitere Elemente. Die Regeln an sich sind eigentlich gar nicht so schwierig zu erlernen, so dass sich Euborea, wenn man die Spielprinzipen einmal verstanden hat, wirklich flott und ohne lange Downtime für die inaktiven Spieler spielt, allerdings sind die Kampfregeln etwas unglücklich formuliert, so dass wir uns da erst nach längeren Diskussionen im Klaren waren, wie wir einen Kampf durchführen müssen. Hat man diese Klippe aber einmal umschifft, steht dem Spielspaß nichts mehr im Wege, welcher durch das von Hannah Böving wirklich wunderschön gestaltete Spielmaterial noch gesteigert wird.

Titel: Euborea
Autor: Martin Baer
Verlag: Baer, Böving

Kunterpunkt

Mit Kunterpunkt ist den Autoren Julia Thiemann und Christoph Waage ein großer Wurf gelungen. Das Roll`n dot ist eine Neuheit des Frechverlages für 1 – 6 Spieler, die auf der SPIEL `22 vorgestellt wurde.

Das Ziel des Spiels ist es, die höchste Punktzahl in der Endwertung zu erhalten. Hierfür werden die Augen der Würfel geschickt auf den Käfern oder, um Boni und Bestimmungslupen zu erhalten, auf der Käferwiese verteilt. Denn am Ende werden nur die Käferfamilien gewertet, für die man auch eine Bestimmungslupe eingesetzt hat.

Das Spiel geht über sechs Runden, wodurch die angegebene Spieldauer von 40 min realistisch ist. Die ersten Partien können auch etwas länger dauern, bis man sich mit allen Symbolen vertraut gemacht hat, aber eine Übersicht in der Spielanleitung hilft einem hier schnell weiter.

Was meiner Meinung nach an Kunterpunkt gut gelungen ist, ist die Tatsache, dass man es sowohl mit Kindern oder Einsteigern, als auch mit eingefleischten Highscorejägern spielen kann. Es gibt zwar ein paar Regeln zu beachten, aber da man mit seinen Käfern und der Käferwiese nahezu immer eine Möglichkeit findet, sein Würfelergebnis zu verteilen, ist Kunterpunkt ein Spiel, das für jeden gut spielbar ist. Allerdings sollte man dieses Spiel nicht unterschätzen. So bietet Kunterpunkt auch für geübte Spieler genug Spieltiefe, da sich in der Endwertung große Unterschiede erzielen lassen, wenn man gegenüber seinen Mitspielern geschickter plant und gezielter versucht, mit den Boni zu arbeiten.

Titel: Kunterpunkt
Autor: Julia Thielmann, Christoph Waage
Verlag: Frechverlag
Gestaltung: Eva Hook

Buchmesse 2022

Vom 19. bis 23. Oktober fand die 74. Ausgabe der Frankfurter Buchmesse statt. Nach einer noch sehr reduzierten Veranstaltung im letzten Jahr waren dieses Jahr schon wieder über 4000 Aussteller aus insgesamt 95 Ländern anwesend und auch die Besucherzahlen bewegten sich wieder in Richtung des Vor-Corona-Niveaus. So besuchten in den fünf Tagen rund 93.000 Fachbesucher und 87.000 Privatbesucher die Messehallen in der Main-Metropole, womit sich die Zahlen gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt haben. Dies mag nicht zuletzt auch am diesjährigen Ehrengast Spanien gelegen haben, der sich unter dem Motto „Sprühende Kreativität“ dem Publikum präsentierte und für eine Premiere sorgte. Das spanische Königspaar eröffnete nämlich nicht nur die Buchmesse, sondern nutzte seinen Staatsbesuch in Deutschland am 19. Oktober auch für einen Rundgang durch Halle 4.1, wo die spanischen Verlage ihre Stände hatten.

Auch die Spieleverlage haben dieses Jahr wieder vermehrt den Weg zurück nach Frankfurt gefunden. So war nicht nur der Moses Verlag wieder mit einem großen Stand präsent, auch Schmidt Spiele war wieder vertreten und auch Kosmos zeigte heuer an seinem Stand neben seinem Buchprogramm auch wieder Teile seines umfangreichen Spieleangebotes. Da Spiele in vielen Buchläden und vor allem bei den großen Buchhandelsketten mittlerweile fester Teil des Ladenkonzeptes sind, ist daher davon auszugehen, dass sich der durch Corona unterbrochene Trend fortsetzen wird und sich in Zukunft noch weitere Spieleverlage in Frankfurt den Besuchern präsentieren werden, ist doch dort ein gänzlich anderes Publikum vertreten als auf der SPIEL.

Trotz der momentanen Krisenlage hat sich die weltgrößte Buchmesse eindrucksvoll zurückgemeldet, so dass man schon gespannt sein darf, was uns zum 75. Jubiläum im nächsten Jahr erwarten wird. Gastland der Buchmesse, die vom 18. bis 22. Oktober 2023 stattfinden wird, wird dann Slowenien sein.

Pot Pourri

Der österreichische Verlag Piatnik hat auf der SPIEL `22 das Spiel Pot Pourri der Autoren Ananda Stimm und Florian Mayerhofer vorgestellt, um das es in unserem heutigen Spieletest gehen soll. In ihm wetteifern bis zu 5 Köche gegeneinander, die uns dann auch gleich vom Cover der quadratischen Standardbox entgegenblicken. Nehmen wir deren Deckel ab, so finden wir in ihrem Inneren insgesamt 145 Karten, den Spielplan, 3 Kochtöpfe, einen Deckel, 5 Plättchen, 5 Kochbücher, 5 Spielsteine, das mehrsprachige Regelheft und ein ebenfalls mehrsprachiges Menüheft mit Informationen zu den Gerichten und ihren Zutaten von den Rezeptkarten.

Im Bistro Pot Pourri hat sich der berühmte Gastrokritiker Gustav Germ angekündigt. Die Chance also, dass Du ihn mit Deinen Kochkünsten überzeugst und Dir so Deinen ersten Gourmetstern sicherst. Doch die Konkurrenz in der Küche ist groß und zudem stehen nur 3 Kochtöpfe zur Verfügung…

Bevor die Küchenschlacht starten kann, werden zunächst der Spielplan und die Kochtöpfe, von denen einer mit dem Deckel abgedeckt wird, in die Tischmitte gelegt und jeder Spieler erhält das Kochbuch und den Spielstein in der Farbe seiner Wahl, wobei er letzteren auf das Startfeld des Spielplans legt. Dann werden die Menüplättchen gemischt und zufällig auf die Felder der Menütafel auf dem Spielplan verteilt. Ebenso werden die Zutaten- und Rezeptkarten gemischt und verdeckt als Nachziehstapel bereitgelegt. Von den Zutatenkarten erhält jeder Spieler 2 auf die Hand, 4 weitere werden offen ausgelegt. Von den Rezeptkarten bekommt jeder Spieler 3, von denen er 2 aussucht und in sein Kochbuch steckt, die dritte kommt offen auf einen Ablagestapel. Nun kann es losgehen. Der aktive Spieler kann in seinem Zug eine von 3 möglichen Aktionen durchführen. Er kann entweder Zutaten beschaffen, wozu er 2 neue Zutatenkarten auf die Hand nimmt. Er hat dabei die Wahl, sie von der offenen Auslage oder vom verdeckten Nachziehstapel zu nehmen. Die zweite Option ist es, bis zu 2 Zutaten von seiner Hand in die offenen Kochtöpfe zu legen. Danach muss er den Deckel versetzen. Die dritte und letzte Option besteht darin, die beiden Rezepte in seinem Kochbuch durch 2 neue Rezepte vom Nachziehstapel zu ersetzen. Legt ein Spieler in seinem Zug in einen Kochtopf die sechste Zutat, wird dieser Topf serviert. Der Spieler wertet hierzu eines oder beide seiner Rezepte, sofern mindestens 2 Zutaten des betreffenden Rezeptes mit den Zutaten im Topf übereinstimmen. Dann können auch noch Mitspieler Rezepte für diesen Kochtopf auf dieselbe Weise einlösen. Je nach Anzahl der übereinstimmenden Zutaten erhalten die Spieler dafür Punkte. Die eingelösten Rezepte legen sie vor sich ab und ergänzen ihr Kochbuch dann wieder vom Nachziehstapel, bevor zuletzt ggf. noch die Menüplättchen getauscht werden. Das Spiel endet, sobald ein Spieler sein sechstes Rezept eingelöst hat mit einer Schlusswertung. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.

Pot Pourri ist ein schnelles und sehr witziges Spiel mit einfachen, leicht erlernbaren Regeln. Gute Planung ist hier wirklich alles, wobei man im Fall der Fälle dann besser auch mal die Rezepte in seinem Kochbuch wechselt, als darauf zu hoffen, dass man die „perfekten“ Zutaten irgendwann auf die Hand bekommt. Denn hier geht es in erster Linie darum, so schnell wie möglich seine 6 Rezepte einzulösen und sei es notfalls auch nur mit den 2 passenden Mindestzutaten, um den Sieg zu erringen. Wir hatten jedenfalls in unserer Testrunde sehr viel Spaß mit Pot Pourri, das bei uns definitiv nicht zum letzten Mal auf dem Spieletisch lag.

Titel: Pot Pourri
Autoren: Ananda Stimm, Florian Mayerhofer
Verlag: Piatnik

Crown Collect

Die vielen Klein- und Kleinstverlage, die sich auf der SPIEL dem Publikum präsentieren, sind oftmals das Salz in der Suppe. So war es auch diesmal bei der SPIEL `22 wieder, wo wir über den jungen, schwedischen Verlag Kloster Games gestolpert sind, der in Essen seinen Erstling Crown Collect vorgestellt hat. Das Strategie- und Wirtschaftsspiel, wie es sich selbstbewusst auf dem Cover seiner kompakten, quadratischen Box nennt, umfasst dabei das folgende Spielmaterial: 48 Münzen, einen Spielplan, 51 Spielfiguren, 16 Tokens und ein Regelfaltblatt in englischer Sprache.

Wer wird die Krone am Ende wohl erringen? Hier wetteifern die Edelleute des Landes miteinander um die Herrschaft. Doch nur wer seine Ressourcen geschickt genug einsetzt und zudem schneller als die anderen agiert, wird sich die Krone aufsetzen können.

Zur Spielvorbereitung erhalten alle Spieler das Spielmaterial in der gewählten Farbe und 2 Münzen aus dem allgemeinen Vorrat. Dann wird der Spielplan in die Tischmitte gelegt und an seinen 4 Ecken mit den Teilen der Krone bestückt. Zuletzt stellen die Spieler noch alle einen ihrer Bauern auf das Startfeld in der Mitte und dann kann es auch schon losgehen. Der jeweils aktive Spieler kann in seinem Zug seine Spielfigur ein Feld vorwärtsbewegen und erhält dann die aufgedruckte Anzahl Münzen aus dem Vorrat, die er nutzen kann, um auf dem Feld ein Landplättchen oder ein Haus oder einen Markt oder eine Burg oder ein Pferd zu bauen. Je nachdem, was er baut, hat dies für ihn aber auch für seine Mitspieler Auswirkungen. So kann er mit einem Landplättchen lediglich seine eigene Fortbewegung beschleunigen, weil er dieses überspringen kann. Ein Markt hat denselben Effekt, liefert ihm aber zusätzlich zu Beginn jeder Runde eine Münze Einkommen für jede eigene Spielfigur, die dort steht. Ein Haus generiert einen neuen Bauern und jeder gegnerische Spieler, der auf dieses Feld kommt, muss dem Besitzer eine Münze zahlen. Ansonsten hat es wieder denselben Effekt wie das Landplättchen. Die Burg liefert neben der bekannten schnelleren Bewegung einen Ritter, der gegnerische Figuren in seinem Feld ein Feld weiterschieben kann. Zudem kann das Feld mit der Burg nicht von anderen Figuren betreten werden. Das Pferd schließlich beschleunigt wie üblich die Bewegung, kann aber von allen Spielern genutzt werden. Sobald ein Spieler eines der Eckfelder erreicht, nimmt er eines der Teile der Krone und muss dieses dann zurück zum Startfeld oder in seine eigene Burg bringen. Wer als Erster so alle 4 Teile der Krone gesammelt hat, hat gewonnen.

Crown Collect ist ein nett gemachtes, kleines Spiel, das regeltechnisch keine besonderen Tücken aufweist und durch schön gestaltetes Spielmaterial, das umweltfreundlich in einem Stoffbeutel verpackt ist, punkten kann. Allerdings ist das Regelfaltblatt dann doch etwas sehr knapp geraten, bzw. die Übersetzung aus dem Schwedischen in Englische nicht wirklich geglückt, so dass wir in einigen Spielsituationen nicht recht wussten, was denn nun zu tun ist. Nachdem wir uns hier intern auf eine gemeinsame Regelauslegung geeinigt hatten, lief Crown Collect dann sehr flüssig und ohne lange Downtime für die inaktiven Spieler, wobei es unserer Meinung nach eher ein Zwei-Personen-Spiel ist und bei 3 oder 4 Mitspielern zunehmend unübersichtlich wird.

Titel: Crown Collect
Autor: k.A.
Verlag: Kloster Games

SPIEL `22 – Fazit

Vom 6. bis zum 9. Oktober war Essen einmal mehr das Mekka der Spielefans. Zwar haben wir die Corona-Pandemie noch immer nicht gänzlich überstanden, so dass auch dieses Jahr in den Hallen Maskenpflicht bestand, doch hat die SPIEL fast wieder ihre alte Größe aus dem Rekordjahr 2019 erreicht. Dies war schon an dem Besucherstrom, der sich bereits in den frühen Morgenstunden mit der U11 oder dem Privatauto auf den Weg zur Messe machte, deutlich zu erkennen. Als die Messe Punkt 10:00h ihre Pforten öffnete, stürmte daher eine beachtliche Besucherzahl die Hallen. Diese waren so binnen weniger Minuten mit Menschen gefüllt und an machen Ständen meterlange Schlangen von Spielfans auf der Jagd nach Neuheiten und Schnäppchen zu sehen.

Wies die Liste der Aussteller letztes Jahr noch einige Lücken auf, waren diesmal wieder alle großen nationalen und internationalen Verlage vertreten und daneben auch zahlreiche Klein- und Kleinstverlage, so dass am Ende in den sechs Hallen, die die SPIEL `22 dieses Jahr wieder belegte, 980 Aussteller aus 56 Nationen den Besuchern über 1800 Neuheiten vorstellen konnten, was diese auch freudig annahmen, wie die stets gut gefüllten Spieltische an den Ständen eindrucksvoll zeigten. Es mag daher nicht verwundern, dass sich die Besucherzahlen gegenüber dem Vorjahr um 53% auf nunmehr rund 147.000 Personen gesteigert haben. Die Begeisterung für Brett- und Gesellschaftsspiele ist damit ungebrochen und trotzt der allgemeinen Krisenstimmung. Bzw. vielleicht ist sie auch gerade durch die aktuelle Lage noch gestiegen, sind doch vor allem Brett- und Gesellschaftsspiele ideal, um die Welt um einen herum im Kreise von Familie und Freunden wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen.

Neben den Neuheiten bot die diesjährige SPIEL `22 zudem auch wieder ein umfangreiches Rahmenprogramm, mit dem die Messe ihrem Anspruch gerecht wird, die Brettspielkultur weiterzuentwickeln. So fand am Messefreitag der zweite Educators Day mit seinem Programm, das sich speziell an Pädagogen und Lehrkräfte, die Brettspiele im Unterricht und der Senioren- und Gemeindearbeit einsetzen, wendet, statt. Am Messesamstag gab es dann in Zusammenarbeit mit Boardgame Historian zum ersten Mal den Research Day. In verschiedenen Podiumsdiskussionen wurde hier das Thema Brettspielforschung in Deutschland erörtert, was beim Publikum auf großes Interesse stieß.

Die SPIEL `22 war damit für uns einmal mehr ein voller Erfolg, der die Reise nach Essen mehr als wert war, und wir freuen uns schon auf die SPIEL `23, welche vom 5. bis 8. Oktober 2023 stattfinden wird.

Flitterkiste

Das Schöne an der SPIEL ist ja, dass man hier immer wieder über kleine Verlage und ihre Spiele stolpert, die man sonst nicht so wirklich auf dem Radar hat. Genau so erging es uns mit dem Spiel Flitterkiste, auf das wir während der Neuheitenschau zur SPIEL `22 aufmerksam geworden sind und das wir in unserem heutigen Mittwochsspecial vorstellen wollen.

Das Pärchenspiel, das Sebastian Meyersieck bereits 2018 als Hochzeitsgeschenk für seinen Bruder Raphael und seine Schwägerin Christina entwickelt und auf deren Hochzeit präsentiert hatte, ist seit 2020 auf dem Markt. Die Aufmachung der länglichen Box präsentiert sich dabei in einem gediegen hochwertigen Design, ist die Flitterkiste doch in erster Linie als Geschenk für Paare gedacht. In der Box finden wir insgesamt 133 Karten, ein Begleitbuch, einen Kalender, Sticker, 2 Spielmarker und ein Faltblatt mit einer knappen Einführung in das Spiel, das sich ansonsten selbst erklärt.

Zu viel spoilern wollen wir an dieser Stelle natürlich nicht, denn die Flitterkiste ist ein Spiel, das sich im Laufe der Zeit immer weiterentwickelt. Von daher nur so viel: Das Chronik genannte Begleitbuch leitet das Paar, das die Flitterkiste geschenkt bekommen oder sich selbst geschenkt hat, durch das Spiel, indem es vorgibt, welche Vorbereitungen zu treffen sind und wie man wann welche der Karten aus dem Gemeinsam-Karten- und dem Heimlich-Karten-Deck zum Einsatz bringen muss. Auf diese Weise führt es das Paar zusammen mit den Karten durch abwechslungsreiche und spannende Momente mit immer neuen Aufgaben und das über fast ein Jahr.

Pärchen- und Beziehungsspiele gibt es ja einige auf dem Markt, wobei manche eher zweifelhafter Qualität sind. Die Flitterkiste ist dagegen das erste Spiel dieses Genres, das uns wirklich überzeugt hat. Hier passt alles zusammen von der hochwertigen Aufmachung, dem mit viel Liebe zum Detail gestalteten Spielmaterial und der durchdachten Spielidee, durch die Paare sich selbst und ihre Beziehung neu entdecken können. Von daher ist dieses Spiel eine schöne Geschenkidee für alle Pärchen (egal ob frisch verliebt oder schon in einer langjährigen Beziehung), die den Beschenkten viel Freude bereiten wird.

Titel: Flitterkiste
Autor: Sebastian Meyersieck
Verlag: Raphael Meyersieck und Jan Schmitz GbR

SPIEL `22 – Eröffnungspressekonferenz und Neuheitenschau

Letztes Jahr musste die traditionelle Eröffnungs-Pressekonferenz der SPIEL ja coronabedingt noch online abgehalten werden. 2022 sind wir nun schon wieder einen großen Schritt weiter in Richtung Normalität vorangekommen, so dass einen Tag vor der Eröffnung der Internationalen Spieltage SPIEL `22 im Saal Europa des CC West der Messe Essen wieder eine Pressekonferenz als Präsenzveranstaltung mit Medienvertretern und Bloggern stattfinden konnte. In deren Rahmen gaben die Vertreter des Merz Verlages einen kurzen Überblick über die SPIEL `22 im Allgemeinen und die Spieletrends des Jahres. Neben Dominique Metzler und Frank Zirpins hatte das Verlags-Team dieses Jahr dabei Verstärkung durch Florian Hess, einen der Vorstände der Spielwarenmesse eG erhalten, die ja bekanntermaßen den Merz Verlag zum 1. Januar dieses Jahres übernommen hatte.

Zur guten Tradition dieser Eröffnungs-Pressekonferenz der SPIEL gehört es auch, dass neben einer Würdigung der Gewinner des Deutschen Spielepreises 2022 (Arche Nova vom Mathias Wigge (beim Feuerland Verlag erschienen)) und des Deutschen Kinderspielepreises 2022 (Mit Quack`s & Co nach Quedlinburg von Wolfgang Warsch (bei Schmidt Spiele erschienen)) auch der Preisträger des innoSPIEL bekanntgegeben wird. Unter den drei nominierten Spielen hatte sich die Fachjury am Ende für Hey Yo des Autors Takashi Saito entschieden, das bei Oink Games erschienen ist.

Mit einem Rück- und Ausblick auf das Geschäftsjahr 2022 durch den Vorsitzenden der Spieleverlage e.V., Hermann Hutter, endete die Eröffnungspressekonferenz. Inflation, durch den Ukraine-Krieg steigende Energie- und Rohstoffkosten und immer noch vorhandene Lieferkettenprobleme haben der Branche in Deutschland dabei nach dem Umsatzboom der letzten beiden Jahre einen leichten Umsatzrückgang um 7% beschert. Alles in allem liegt der Gesamtumsatz aber immer noch in einem deutlich zweitstelligen Plusbereich gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 und so rechnen die Spieleverlage vor allem für das kommende Weihnachtsgeschäft mit einer großen Nachfrage nach Spielen und Puzzles.

Im Anschluss an die Pressekonferenz bot sich dann den anwesenden Medienvertretern und Bloggern wieder die Möglichkeit, bei der Neuheitenschau in Halle 1A vorab einen Blick auf viele der Neuheiten zu werfen, wobei wie üblich alle namhaften Verlage mit eigenen Ständen und Spieleerklärern vertreten waren. Aber auch zahlreiche Kleinverlage, die teils zum ersten Mal an der SPIEL teilnahmen, nutzten diese Gelegenheit, sich dem Fachpublikum zu präsentieren. Daneben gab es für Fachbesucher bei diversen Presseevents der Verlage wie z.B. Asmodee, die während der Publikumstage stattfanden, ebenfalls noch einmal die Möglichkeit, die Neuheiten abseits des Messetrubels in Ruhe genauer unter die Lupe zu nehmen.

Doch genug der Worte und viel Spaß beim Betrachten unseres kleinen Bilderbogens von der Eröffnungs-Pressekonferenz, der Neuheitenschau und dem Asmodee-Event zur SPIEL `22.

Drebo

Wer unseren Bericht zu den diesjährigen B-Rex Days gelesen hat, der wird über Drebo, das Würfelspiel, bei dem nicht gewürfelt wird, schon gestolpert sein. In unserem heutigen Mittwochsspecial wollen wir diese Neuheit von Fun Bot, die sich das Autorenduo Tim Rogasch und Ronald Hild erdacht hat, einmal genauer unter die Lupe nehmen. Geliefert wird Drebo in einer sehr bunt gestalteten, quadratischen Box, in der wir einen doppelseitigen Spielplan, 4 doppelseitige Spielblöcke, 4 Bleistifte, den Würfel, einen Blockierstein und das Regelheftchen finden, womit auch schon das ganze Spielmaterial aufgezählt wäre.

Soll ich den Würfel nun einfach kippen oder vielleicht doch besser erstmal drehen? Hier ist taktisches Denken gefragt, um die gewünschten Zahlen-Farb-Kombinationen zu erhalten und als erster 3 Drebos zu erreichen.

Drebo ist eines der Spiele, das wenig Vorbereitungen erfordert. Jeder Spieler erhält einen Bleistift und ein Blatt von einem der Spielblöcke, wobei nur darauf zu achten ist, dass nicht 2 Spieler mit identischen Blättern spielen. Dann wird der Spielplan mit der gewünschten Seite in die Tischmitte gelegt, der Würfel gewürfelt und auf dem Startfeld platziert und schon kann es losgehen. In seinem Zug kippt der aktive Spieler den Würfel auf das nächste Feld. Hierdurch wird für alle Spieler eine Zahlen-Farb-Kombination vorgegeben, die sie auf ihrem Spielblatt ankreuzen können. Können oder wollen sie dies nicht, können sie stattdessen einen der Jocker oben auf dem Blatt freischalten, den sie dann je nach Joker-Art im eigenen oder auch im Zug eines anderen Spielers aktivieren können. Wenn ein Spieler einen Drebo, also 5 Kreuze in einer Reihe oder 5 Kreuze einer Farbe hat, ruft er laut Drebo und macht ein Kreuz im entsprechenden Feld in der Drebo-Reihe. Wer als Erster allein den ersten bzw. zweiten Drebo erreicht, erhält zusätzlich noch ein Kreuz im Blitz-Joker-Feld. Die Partie endet, sobald ein Spieler seinen dritten Drebo hat, mit dessen Sieg. Erreichen mehrere Spieler gleichzeitig den dritten Drebo, gewinnt, wer mehr Kreuze im Blitz-Joker-Feld hat.

Wir hatten ja schon während der B-Rex Days Gelegenheit, Drebo mehrfach zu spielen und uns hat es schon damals sehr viel Freude bereitet. Wir haben hier ein schönes, kleines Würfel-Kippspiel vor uns, bei dem das Glücksmoment des Würfelns klassischer Würfelspiele gekonnt durch ein Taktikelement ersetzt wurde. Hier muss man nämlich vor jedem eigenen Zug genau überlegen, wie man den Würfel am besten kippt, um dann – hoffentlich – auch in den Zügen der Mitspieler die gewünschten Zahlen-Farb-Kombinationen zu bekommen, um so schnellstmöglich einen Drebo zu erreichen. Hier ist Spielspaß wirklich garantiert und das bei einem sehr hohen Wiederspielwert.

Titel: Drebo
Autoren: Tim Rogasch, Ronald Hild
Verlag: Fun Bot

Animal Kingdoms

Eine der Neuheiten, die Game Factory 2022 herausgebracht hat, ist das familientaugliche Strategiespiel Animal Kingdoms des Autors Steven Arami, das im englischen Original bei Galactic Raptor Games erschienen ist. Als Verpackung dient ihm eine stabile, rechteckige Box mit schön gestaltetem Cover mit leicht mystischem Touch. Öffnen wir die Box, so finden wir das Spielmaterial darin in einem Kunststofftiefziehteil sicher verstaut und ordentlich sortiert. Es umfasst im Einzelnen 64 Karten, 30 Kärtchen, einen fünfteiligen Spielplan, 19 Plättchen, 95 Schilde, die Wertungstafel und das Regelheft.

In den 5 Königreichen ist ein Kampf um die Vorherrschaft ausgebrochen. Nur wer seine Tiere geschickt einsetzt und die Gesetze der Königreiche beachtet, wird am Ende als König der Tiere aus diesem Wettstreit hervorgehen.

Zu Beginn einer Partie wird zunächst der Spielplan aus den Einzelteilen zusammengesetzt und zusammen mit der Wertungstafel in die Mitte des Spieltisches gelegt. Dann erhalten die Spieler die Schilde in der Farbe ihrer Wahl, von denen sie einen auf dem Startfeld der Wertungstafel platzieren. Danach wird der Spielplan gemäß Anleitung mit Gesetzeskärtchen und Siegpunktplättchen bestückt, 3 der 4 Bonusplättchen verdeckt bereitgelegt und die Tierkarten verdeckt gemischt und als Nachziehstapel, von dem jeder Spieler 4 Handkarten erhält, ebenfalls in der Tischmitte abgelegt. Das Spiel selbst läuft dann über 3 Durchgänge, in denen die Spieler reihum in ihrem Zug eine von 3 möglichen Aktionen durchführen. Entweder sie spielen eine ihrer Handkarten aus und legen dann einen ihrer Schilde in eines der goldenen Felder in einem der Königreiche. Danach ziehen sie wieder auf 4 Handkarten auf. Oder sie tauschen ihre komplette Hand gegen 4 neue Karten, was aber nur möglich ist, solange kein Spieler die dritte mögliche Option gezogen hat, nämlich Aussteigen, indem er das Kronenfeld in einem Königreich besetzt. Sind alle Spieler ausgestiegen, werden die Königreiche nacheinander gewertet, wobei bei Gleichständen um die Vorherrschaft mittels der Handkarten gekämpft wird. Es gewinnt hier, wer die höhere Handkarte ausspielt. Danach werden die Gesetzeskärtchen getauscht, alle Schilde in den goldenen Feldern vom Spielplan entfernt, die in den Kronenfeldern in ein Thronfeld geschoben und der nächste Durchgang beginnt. Wer am Ende des dritten Durchgangs die meisten Punkte hat, gewinnt die Partie.

Wie man schon an der Beschreibung der Spielprinzipien erkennt, ist Animal Kingdoms kein Strategiespiel mit außergewöhnlich anspruchsvollen Regeln. Simpel ist es daher aber auch nicht, denn der Einsatz der Handkarten will hier wirklich genau durchdacht sein, will man sich nicht allzu früh selbst in eine Lage manövrieren, bei der man aussteigen muss, weil man sonst keine Optionen mehr hat. Durch die Gesetzeskärtchen, die sich in jedem Durchgang ändern, ist zudem gegeben, dass man sich immer wieder auf eine neue Situation einstellen muss. Alles in allem ist Animal Kingdoms damit ein solides Strategiespiel, das dank seiner einfachen Regeln definitiv für die ganze Familie geeignet ist und uns viel Freude bereitet hat.

Titel: Animal Kingdoms
Autor: Steven Aramini
Verlag: Game Factory