The Great Wall

Das asymmetrische, semikooperative Workerplacement-Spiel The Great Wall ging aus einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne hervor. Entwickelt wurde der Titel, der uns ins alte China der Kaiserzeit entführt, von dem Autorentrio Kamil Cieśla, Robert Plesowicz und Łukasz Wlodarczyk für den noch jungen Verlag Awaken Realms und ist seit 2022 in der deutschen Version nun im Vertrieb von Asmodee. Da wir den Titel schon bei der ersten Vorstellung beim Asmodee-Presseevent Anfang 2022 mehr als vielversprechend fanden, haben wir uns ein Exemplar besorgt, das nun vor uns auf dem Redaktionstisch liegt. Als Verpackung dient dem Spiel eine quadratische Standardbox mit einem stimmungsvoll gestalteten Cover, die recht schwergewichtig ist. Nehmen wir den Deckel der Box ab, erklärt sich dieses Gewicht sehr schnell, denn das Spielmaterial, das dank eines mehrteiligen Tiefzieheinlegers sicher und sauber sortiert untergebracht ist, präsentiert sich mehr als umfangreich. Es umfasst nämlich den doppelseitigen Spielplan, 96 Figuren, 208 Karten, 89 Marker, 5 Plättchen, 200 Ressourcen, 4 Sichtschirme, 9 Barrikaden, 9 Mauerstufen, 2 Stickerbögen und das Regelheft.

Seit über 100 Jahren schützt die große Mauer das Reich vor einer Invasion der Mongolen. Doch nehmen der Angriffe in letzter Zeit zu, so dass der Kaiser seine fähigsten Generäle losschickt, um die Mauer zu verteidigen…

Zum Spielstart wird zunächst der Spielplan mit der für die Spielerzahl passenden Seite in die Tischmitte gelegt und gemäß Anleitung mit Spielmaterial bestückt bzw. dieses neben ihm griffbereit platziert. Dann erhalten die Spieler ihr persönliches Spielmaterial, das sie vor sich und auf dem Spielplan bereitlegen. Sind alle Vorbereitungen abgeschlossen, kann die eigentliche Partie starten. Diese verläuft über mehrere Runden, die sich jeweils in die 4 Abschnitte Frühling, Sommer, Herbst und Winter unterteilen. In der Frühlingsphase werden zunächst die Vorbereitungen für die neue Runde gemacht, indem der Marker auf der Zeitleiste nach vorne geschoben wird, neue Horden auf den Spielplan kommen und die Beraterleiste erneuert wird. Im anschließenden Sommer erhalten die Spieler Einkommen in Form von Rohstoffen von ihren Aufsehern, können Schandmarker ablegen, und genutzte Befehle aus der Ablage zurück auf die Hand holen. Aus diesen wählen die Spieler dann im Herbst alle einen geheim aus, decken diesen gleichzeitig auf und legen ihn in der Reihenfolge ihrer Teemarker auf eines der Felder der Befehlsleiste. Danach werden die Befehle in der Reihenfolge auf der Befehlsleiste aktiviert, wobei der jeweils aktive Spieler zunächst alle Befehle auf der Karte von oben nach unten abhandelt, was im Regelfall das Setzen von Schreibern oder Soldaten auf dem Spielplan bedeutet, und dann ggf. noch Orte auf dem Spielplan aktiviert, sofern dies möglich ist. Zuletzt prüft er, ob eine Horde besiegt wurde, dann ist der nächste Spieler in der Reihenfolge am Zug. Im abschließenden Winter greifen die noch vorhandenen Horden die Mauer an, wobei für jeden der 3 Mauerabschnitte geprüft wird, ob sie diesen durchbrechen. Die Partie endet, wenn der Zeitmarker das letzte Feld der Zeitleiste erreicht hat, oder alle 3 Mauerabschnitte die maximale Ausbaustufe erreicht haben, oder der Vorrat an Schandmarkern aufgebraucht ist. Es erfolgt eine Schlusswertung. Wer die meisten Punkte erreicht hat, hat gewonnen.

The Great Wall ist ein Spiel, das Zeit und Platz erfordert. Die Zeit braucht man für den Spielaufbau und um sich in das Regelwerk einzuarbeiten. Dieses ist zwar von seinen Grundmechanismen her nicht schwierig, aber zum einen ist das Regelwerk an manchen Stellen nicht wirklich klar formuliert, was vielleicht auch an der Übersetzung liegt, zum anderen muss man sich mit den verschiedenen Möglichkeiten, um seine Schreiber, die die wichtigsten Figuren im Spiel sind, und Soldaten einsetzen zu können erstmal vertraut machen. Von daher ist die allererste Partie auch eher als eine echte Testrunde anzusehen, bevor man ab der zweiten Partie dann langsam ins Spiel findet. Und dieses ist ein wirklich sehr gut gemachtes, anspruchsvolles Taktikspiel mit kooperativen Elementen. Der Platz ist nötig, um den recht großen Spielplan und das komplette Spielmaterial unterzubringen, das schon das Grundspiel liefert. Was uns hier nicht so wirklich gefallen hat, ist die Tatsache, dass zu den ansonsten sehr schönen Holzfiguren ein Stickerbogen mitgeliefert wird. Hier wären Aufdrucke sinnvoller gewesen, denn gut ist das Ergebnis einer solchen Klebeaktion erfahrungsgemäß selten, einmal abgesehen davon, dass Sticker nie wirklich lange halten. Ein weiterer kleiner Mangel ist die Tatsache, dass die Mauerstufen und Barrikaden zusammengesteckt nicht mehr in die Box passen und gerade die Mauerstufen durch das wiederholte Zusammenstecken und Auseinanderbauen nicht schöner werden. Da es zu The Great Wall aber noch Erweiterungen gibt, lässt sich dieses Problem durch geschicktes Umschichten der Spielmaterialien in den verschiedenen Boxen vielleicht lösen. Von den genannten Erweiterungen empfehlen wir natürlich die Stretch Goals-Erweiterung, liefert sie doch das nötige Spielmaterial für den fünften Spieler.

Titel: The Great Wall
Autoren: Kamil Cieśla, Robert Plesowicz, Łukasz Wlodarczyk
Verlag: Awaken Realms / Asmodee